Meer

ich wollte dich beschreiben

doch da hatten
deine Wellen schon
meine Gedanken
hinter den Horizont getragen
ins erste Morgenlicht

so stehe ich hier
und schweige
umgeben vom Rauschen
und der Unendlichkeit
des Augenblicks

(c) Engelbert Schinkel

 






Tagesboote

stechen in See
wagen den Weg
durch die Wellen
hoffen auf Wind
tragen Träume
tagaufwärts ins Licht
unter der Wölbung
des Himmels
werweißwieviele
Hoffnung

Annemarie Schnitt


Zurück vom Meer

bleibt dir lange noch
im Gedächtnis das Meer
bleibt dir erhalten
im Spiel der Wolken hinter
gelb-verfänglichen Feldern
bleibt unverloren
hinter den Steinen der Stadt
bleibt dir gegenwärtig
im horizontarmen Alltag
als schäumender Impuls
aufzumischen den Boden
unter den Füßen

Annemarie Schnitt





Im Wechselspiel

Im Wechselspiel der Gezeiten
hinter der weichenden Flut
zu Bewahrendes finden
im ausgewaschenen Sand

Annemarie Schnitt







Fortgehen

wenn das Festland
dich schnürt

aufbrechen

mit der Brandung
neu ankommen

fesselfrei

Annemarie Schnitt

Am Meer

Diese Stille die sich füllt
mit Möwengeschrei
in der Frühe
die Morgensonne
die dich lautlos mitnimmt
in das Niemandsland
neuer Stunden

Annemarie Schnitt



Die Freiheit ist wie das Meer: Die einzelnen Wogen vermögen nicht viel, aber die Kraft der Brandung ist unwiderstehlich.  (Václav Havel)








Wind ist der Welle lieblicher Buhler,
Wind mischt vom Grund aus schäumende Wogen.
Seele des Menschen, wie gleichst du dem Wasser!
Schicksal des Menschen, wie gleichst du dem Wind!

Johann Wolfgang v. Goethe






Wie sie dich mitreißt

die Melodie des Meeres
dich überspült mit Glück
dich einhüllt
in den weißen Schaum
wacher Träume
dich treibt zum Weiter-
und Weitergehen

Annemarie Schnitt






Im Wettlauf

es ist gut barfuß zu gehen
sich fest einzudrücken
in die ziehende Zeit
Sand zu spüren
zwischen den Zehen
Sand zu bewegen
im Wettlauf
mit wütigen Winden

A. Schnitt

 

 


Morgen am Meer

Leergeweht die Welt
von Wellen überspült
was gestern war
und heute wieder neu
gewagte Fußspuren
am Ufer zerfließender Zeit

Annemarie Schnitt



Die Menschen reisen in fremde Länder und staunen über die Höhe der Berge, die Gewalt der Meereswellen, die Länge der Flüsse, die Weite des Ozeans, das Wandern der Sterne; aber sie gehen ohne Staunen aneinander vorüber.

Augustinus Aurelius



"Du kannst keinen Ozean
überqueren, in dem du einfach
nur aufs Wasser starrst".

Tagore






Das frühe Bad im Meer

du tauchst unter
du tauchst auf
schwimmst der Sonne entgegen
uferlos in den Morgen
aus Kälte wird Wärme
wo du dich hineinwirfst
ins Wagnis

Annemarie Schnitt




Das Leben und die Wellen haben eines gemeinsam: sie treiben etwas an und spülen etwas anderes weg, denn wenn die Flut kommt, spülen die Wellen die Sandburgen weg, aber sie treiben vielleicht auch ein Stück Holz an, mit dem jemand das Dach seiner Hütte ausbessern kann. - (Unbekannt)






 
aus als Buch erhältlich