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Übergewicht in Deutschland Zahl der Fettleibigen soll bis 2030 dramatisch steigen

Rostocker Demografieforscherinnen befürchten in Deutschland eine alarmierende Zunahme fettleibiger Menschen: Ihrer Analyse zufolge könnte bis 2030 die Zahl der adipösen über 50-Jährigen um bis zu 80 Prozent steigen.
Fettleibigkeit und leichtes Übergewicht: Die Deutschen werden nicht nur immer älter, sondern auch immer dicker

Fettleibigkeit und leichtes Übergewicht: Die Deutschen werden nicht nur immer älter, sondern auch immer dicker

Foto: Gero Breloer/ picture-alliance/ dpa

Zu viel Fett, zu viel Zucker, zu viele Kalorien: Viele Mediziner fürchten hierzulande, dass ernährungsbedingten Krankheiten wie Diabetes Typ 2 oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen massiv zunehmen werden. Erst vor Kurzem forderte die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) deshalb erneut die Einführung einer höheren Steuer für ungesunde Lebensmittel als Maßnahme im Kampf gegen die Epidemie von Volkskrankheiten.

Deutsche Demografieforscher zeigen jetzt, dass die Befürchtungen nicht unbegründet sind - im Gegenteil: Nach Einschätzung von Christina Westphal und Gabriele Doblhammer von Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels wird die Zahl der Fettleibigen hierzulande bis 2030 um 80 Prozent steigen.

Wie die Forscherinnen im Fachjournal "Obesity Facts"  berichten, sei ihre Studie die erste, die nicht nur vergangene und gegenwärtige Trends der deutschen Bevölkerung untersucht, sondern sich stattdessen mit der zukünftigen Entwicklung beschäftigt. Demnach haben die Autorinnen anhand sechs verschiedener Szenarien ermittelt, wie sich die Zahlen leicht übergewichtiger und fettleibiger Menschen bis 2030 entwickeln könnten. Dabei konzentrierten sie sich auf die Gruppe der über 50-Jährigen.

2009 waren der Studie zufolge etwa 15,8 Millionen (48,2 Prozent) der über 50-Jährigen leicht übergewichtig. Als fettleibig galten 2009 etwa 6,1 Millionen (18,7 Prozent) der über 50-jährigen Deutschen.

Auch im günstigsten Szenario steigt die Zahl der Fettleibigen

BODY-MASS-INDEX

Der Body-Mass-Index (BMI) beschreibt das Verhältnis von Körpergröße zu Körpergewicht. Er berechnet sich nach einer einfachen Formel: Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in Metern.

Ab einem BMI von 30 gelten Menschen als adipös. Allerdings ist der BMI nur ein Richtwert. Er berücksichtigt weder Geschlecht, noch Statur oder den Anteil von Fett- und Muskelgewebe.

Mehr Details zum BMI erfahren Sie hier.

Bis 2030 wird sich demnach der Anteil der fettleibigen Senioren, also jene mit einem Body-Mass-Index (BMI) von über 30, in allen untersuchten Szenarien vergrößern. Sofern sich der Anstieg zwischen 1999 und 2009 im gleichen Tempo fortsetzt, wird die Zahl der Adipösen um 80 Prozent steigen. Selbst wenn sich der Anstieg um 75 Prozent verlangsamt, wird es der Studie zufolge 30 Prozent mehr Fettleibige als 2009 geben.

Für ihre Berechnungen verwendeten die Rostocker Demografinnen Zahlen des Statistischen Bundesamtes: zum einen aus den Jahren 1999 bis 2009, zum anderen Daten der Bevölkerungsvorausberechnung  von 2009. Zudem analysierten sie die Ergebnisse weiterer internationaler Studien.

Der Auswertung zufolge wird auch die Zahl der leicht übergewichtigen Deutschen (BMI zwischen 25 und 30) über 50 Jahren auf 16,6 bis 18,2 Millionen leicht steigen. "Das liegt daran, dass immer mehr Menschen ein Alter erreichen werden, in dem Übergewicht besonders häufig ist", schreiben die Autorinnen. Bei sinkender körperlicher Aktivität falle eine schlechte Ernährung mit Fast Food oder verarbeiteten Produkten besonders ins Gewicht.

Auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern fällt das Ergebnis der Forscherinnen nicht besonders positiv aus: Demnach gibt es bereits jetzt schon mehr leicht übergewichtige Senioren als in Spanien, Frankreich und Dänemark. Blickt man auf die Zahl der fettleibigen über 50-Jährigen liegt Deutschland demnach an Platz zwei hinter Spanien - noch. Westphal und Doblhammer zufolge könnte Deutschland 2020 einen Spitzenplatz in Europa einnehmen und das hohe Niveau von Spanien erreicht haben. In den USA werde es aber auch 2030 wahrscheinlich noch mehr fettleibige Senioren geben als in Deutschland.

Zwar räumen die Forscherinnen ein, dass der BMI als Hauptparameter eine begrenzte Aussagekraft habe. Immer wieder gibt es Kritik am Nutzen des Body-Mass-Index als Gesundheitsparameter, auch Werte wie das Taille-Hüft-Verhältnis sowie das Taille-Größe-Verhältnis oder der Hüftumfang müssten mehr in die Prognosen einfließen, um Fettleibigkeit zu bewerten. Dennoch sind die Autorinnen davon überzeugt: Deutschland steht wie viele andere Nationen vor einem starken Anstieg dicker Älterer und damit vor einem ernsten Problem.

cib
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