Fingerabdruck im Supermarkt

Um die Lebensmittelknappheit in den Griff zu bekommen, registriert Venezuela künftig die Einkäufe seiner Bürger. Die Unasur hat ihre Mitglieder zur Solidarität mit Venezuela aufgerufen.

Tjerk Brühwiller, São Paulo
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Die Regierung installiert Fingerabdruck-Scanner in Supermärkten. (Bild: Reuters)

Die Regierung installiert Fingerabdruck-Scanner in Supermärkten. (Bild: Reuters)

Die venezolanische Regierung beginnt mit der Installation von rund 20 000 Lesegeräten in Supermärkten. Die Scanner lesen die Fingerabdrücke der Konsumenten, deren Einkäufe damit registriert werden. Sieben der führenden Supermarktketten des Landes haben laut Angaben der Regierung bereits in die Installation der Geräte eingewilligt. Präsident Nicolás Maduro sagte, dass das bereits im letzten Jahr angekündigte System den Schmuggel mit Lebensmitteln sowie Hamsterkäufe eindämmen werde. De facto handelt es sich jedoch um nichts anderes als eine Lebensmittelrationierung.

Firmenchefs verhaftet

Venezuela leidet seit geraumer Zeit unter einem dramatischen Versorgungsengpass, der inzwischen eines von drei Grundnahrungsmitteln sowie jedes zweite Medikament betrifft. Die Situation hat sich durch den tiefen Ölpreis weiter zugespitzt, stammen doch 96 Prozent der für den Import benötigten Devisen aus dem Export von Erdöl. Ohne Lebensmittelimporte kann sich Venezuela nicht über Wasser halten.

Während die Opposition die rigiden Devisen- und Preiskontrollen der Regierung für die Situation verantwortlich macht, beschuldigt die Regierung die Händler der Spekulation. Im Februar wurden mehrere Direktoren von Supermarktketten und Apotheken verhaftet. Sie hätten absichtlich Produkte zurückgehalten und zu wenige Kassen geöffnet, lautet der Vorwurf der Regierung. Gleichzeitig schmuggelten kolumbianische Schmuggler tonnenweise subventionierte Lebensmittel und billiges Benzin über die Grenze. Caracas spricht von einem Wirtschaftskrieg der Opposition mit der Unterstützung der USA.

Lebensmittelhilfe der Unasur

Die Schlangen vor Supermärkten und Apotheken machen das tägliche Leben der Venezolaner schwierig. Die Bevölkerung wertet den Mangel heute als grösstes Problem. Verschiedenenorts ist es in den letzten Tagen zu Demonstrationen und Zusammenstössen mit den Sicherheitskräften gekommen. Erinnerungen an die Protestwelle von 2014 werden wach, als mehr als 40 Demonstranten umkamen und etliche Regierungsgegner verhaftet wurden.

An einem Aussenministertreffen der Union Südamerikanischer Nationen (Unasur) in Caracas versprachen vergangene Woche die übrigen Staaten des Halbkontinents, Venezuela zu helfen, den Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten zu überwinden. Es sei vorgesehen, dass sich alle Länder an den Hilfslieferungen beteiligten, erklärte der Unasur-Generalsekretär Ernesto Samper. Mit Blick auf die Parlamentswahlen im Herbst versucht die Unasur einen Dialog zwischen Regierung und Opposition in Gang zu bringen.