OBWALDEN: Eine Freundschaft hat sich entwickelt

Die Erwartungen an die Tournee waren hoch. Luke Gasser und Band haben sie erfüllt. Auch die der Rocklegenden von Nazareth.

Philipp Unterschütz
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Luke Gasser (Mitte) mit Riodi Halter und Zach Prather (rechts): Sie spielten vor einer Woche als Vorband von Nazareth auch im «Z 7» in Pratteln. (Bild: PD/Mike Weibel)

Luke Gasser (Mitte) mit Riodi Halter und Zach Prather (rechts): Sie spielten vor einer Woche als Vorband von Nazareth auch im «Z 7» in Pratteln. (Bild: PD/Mike Weibel)

Philipp Unterschütz

Vor wenigen Tagen noch war Luke Gasser mit den schottischen Rocklegenden Nazareth auf einer einmonatigen Tournee durch Deutschland, Polen, Tschechien, Slowakei und Österreich. «Es war der Hammer, wir konnten das Publikum begeistern», strahlt Luke Gasser nach seiner Rückkehr. Nachdem er bereits mit der deutschen Rocksängerin Doro auf Tour durfte, war das Engagement mit Nazareth ein weiterer Schritt nach vorn. «Deutschland ist ein spannender Markt für uns. Wir wollen dort nächstes Jahr einige Konzerte allein spielen, und dafür müssen wir uns zuerst einen Namen schaffen.» Das dürfte ihnen auf der Tour mit Nazareth bereits gelungen sein. Wenn gestandene Grössen wie die Schotten die Konzerte ihrer Vorband mitverfolgen, mit deren T-Shirts auftreten und Luke Gasser und Band bei ihren Konzerten auf der Bühne ausdrücklich loben, dann heisst das was. Umso mehr, als Nazareth nicht gerade bekannt dafür sind, mit ihren Vorgruppen ein allzu inniges Verhältnis zu pflegen.

Schweizerische Präzision

Es gibt verschiedene Gründe, dass die Chemie gestimmt hat. Einerseits schätzten Nazareth eine Vorgruppe mit eigenem Material mehr als eine Coverband. Im Fall von Luke Gasser war aber wohl das Menschliche ebenso entscheidend wie musikalische Gemeinsamkeiten. «Ich habe selten so viel gelacht auf Tour», erzählt Gasser. Das habe auch mit Drummer Riodi Halter und dem neuen Bassisten Zach Prather zu tun. «Der hat den gleichen Humor wie ich. Und dass wir so viel Spass hatten, war wohl auch der Schlüssel, dass sich mit dem ganzen Team um Nazareth eine echte Freundschaft entwickelt hat.» Als Vorgruppe hätten sie sich nicht aufgedrängt, im Hintergrund gehalten, nie Schwierigkeiten gemacht und seien immer pünktlich und schnell gewesen beim Soundcheck. «Wir haben es nicht ganz verkehrt gemacht, eine Art schweizerische Präzisionsarbeit», sagt Luke Gasser lachend.

Unterstützung von Nazareth

Hätten sie anfänglich 30 Minuten spielen dürfen, wurde dies von der Nazareth-Crew schnell auf 45 Minuten verlängert. «Je nachdem, wie lange sie noch zur Vorbereitung brauchten, zeigte uns der Chef-Rowdy mit den Fingern, wie viele Songs wir noch spielen sollten.» Nach dem dritten Konzert übernahm der Lichttechniker von Nazareth auch bei Luke Gasser die Regie. Und sie seien irgendwann sogar eingeladen worden, auf den Drums und dem Equipment von Nazareth zu spielen. «So etwas ist schon sehr selten», meint Luke Gasser.

Nazareth hätten es umgekehrt enorm geschätzt, dass Luke und Band freiwillig 10 Stunden von Bratislava nach Warschau gefahren seien und gespielt hätten, obwohl Nazareth dort eine lokale Support-Band hatten.

Einladung für weitere Tournee

Der Abschied zum Ende sei sogar richtig bewegend gewesen. Man sei eine verschworene Gemeinschaft geworden. «Wir haben viel Freizeit zusammen verbracht und viel Spass gehabt.» Auf die Frage, wie denn das Tourleben mit den schottischen Rock-Urgesteinen nun genau sei, lacht Luke viel sagend und meint, dazu sage er besser nichts. Ihm ist etwas anderes viel wichtiger. «Ich kenne das Gefühl von Selbstzweifel. Jetzt bin ich aber wirklich begeistert von dem, was wir erreicht haben. Wir haben die Erwartungen erfüllt.» Das zeige auch die Einladung, die sie zum Schluss von Nazareth und deren Management erhalten hätten. «Wir seien, wo immer und wann immer, willkommen, um wieder mit ihnen auf Tour zu gehen. Die Tourdaten für das nächste Jahr werden für Vorgruppen gesperrt, bis wir uns entschieden haben, wo und wann wir dabei sein wollen.» England/Schottland, Russland, Kanada und Brasilien seien auf dem Tourplan im nächsten Jahr für ihn besonders interessant, so Gasser. Aber immer könne er ja nicht mit Nazareth auf Tour sein, er habe noch andere Projekte.

Der Terminkalender ist gut gefüllt

Während Gasser mit Nazareth die Bühnen rockte, musste ein anderes, grosses Projekt pausieren. Seit Juli ist Luke Gasser als gelernter Bildhauer daran, sein Gestaltungskonzept für den Neubau der katholischen Kirche im zürcherischen Bonstetten umzusetzen. Im Mai 2016 muss er das Projekt abschliessen, die Einweihung ist im Juni. Zudem ist im ersten Halbjahr 2016 wieder eine neue CD geplant.

Und schliesslich ist er am Vorbereiten eines neuen Filmprojekts, das er mit dem Schweizer Fernsehen nächstes Jahr realisieren will. «Es wird wiederum ein Doku-Spielfilm sein, dieses Mal aber mit regionalem Bezug» – mehr will Luke Gasser noch nicht verraten.

Luke Gasser bleibt sich auf der neuen CD treu

«Es gibt nichts Besseres als eine Gitarre, Bass und Schlagzeug», hat der grosse Lou Reed mal gesagt. Ein Satz, den Luke Gasser wohl sofort unterschreiben würde. Auch auf seiner neusten Scheibe «Rock ’n’ Roll Welfare» dominieren rockige Gitarrenriffs, simple, gradlinige Songs mit eingängigen Refrains und mit Lukes rauer Stimme. Das Album schliesst nahtlos an die letzte Produktion «Flicker» an. Bei Luke Gasser weiss man mittlerweile, was man bekommt – und das darf als Kompliment verstanden werden. «Es entspricht auch 100-prozentig dem, was ich momentan spüre und machen will. Das Album sollte so klingen, wie die Songs auch live rüberkommen», sagt Gasser.

Noch gradliniger als zuvor

Aufgenommen wurde es – wie der Vorgänger – innerhalb weniger Tage noch vor der Nazareth-Tour im Foolpark Studio in Luzern. «Wir haben die Songs live eingespielt und nur wenige Overdubs vorgenommen», erklärt Luke Gasser. Sowohl im Studio wie auch an Konzerten verzichtet er auf jegliche Effekthascherei. Die Telecaster-Gitarre wird direkt in den Marshall-Verstärker eingestöpselt – und ab geht die Post. Das tut den rohen Songs gut. Das Brett glatt zu schleifen, wäre hier fehl am Platz. «Dass wir etwas dreckiger klingen als auf ‹Flicker›, das hat sich einfach so ergeben», bestätigt Gasser. Das gilt auch für die vier langsameren, erdigen Nummern, die weit weg sind von Poprock oder Balladenkitsch.

Rockmusiker habens nicht einfach

Entstanden sind viele der rifflastigen Songs auf der letzten Tour mit Doro Pesch. «Da konnte ich auch immer wieder bei den Soundchecks Riffs ausprobieren.» Ein Highlight ist denn auch der Titelsong der CD, der insbesondere (aber nicht nur) bei AC/DC-Fans für Begeisterung sorgen wird. Nur schon das Eröffnungsriff kracht aus den Lautsprechern, wie es die Australier nicht besser zelebrieren könnten, den Refrain könnte man auch in einem Stadion anstimmen – und der Titel hat noch mehr mit AC/DC zu tun, wie Luke bestätigt. «Rock ’n’ Roll Welfare» sei ein Zitat von AC/DC-Sänger Bon Scott aus dem Song «Down Payment Blues». «Es geht darum, dass es im Rockgeschäft härter geworden ist. Man muss schon eine Weile Dreck fressen, um nach oben zu kommen, es hat auch viel mit Glück zu tun. Jeder, der in diesem Geschäft ist, weiss, was ich meine.» Ohne solides Handwerk nützt allerdings auch Glück nichts. Und solide ist die neue CD von Luke Gasser allemal.


Hinweis: Die CD «Rock ’n’ Roll Welfare» ist ab morgen überall im Fachhandel erhältlich. Textübersetzungen der neuen CD und Tourbericht mit Fotos werden in den nächsten Tagen auf der Website aufgeschaltet: www.lukegasser.ch