Polifon Pervers

Béla Rothenbühler
Rezension vom 22/04/2024 von Beat Mazenauer

Die Welt ist eine Bühne und Unterhaltung hält sie in Bewegung. Doch es ist nicht leicht, auf dieser Bühne dauerhaft zu bestehen und Erfolg zu haben. Davon kann Schanti in Bela Rothenbühlers komischem Roman Polifon Pervers ein Lied singen – auch wenn Singen nicht so ihr Ding ist. Sie organisiert lieber, erstellt Budgets und sorgt sich ums Administrative. Das ist notwendig, weil der titelgebende Verein Polifon Pervers eine sagenhafte Erfolgsgeschichte ist. Zusammen mit ihrer Freundin Sabine hat Schanti innert Kürze ein verblüffendes Unternehmen auf die Beine gestellt. Geholfen hat ihnen dabei, dass sie Theater konsequent als Unterhaltung begreifen, also nicht nur moderne Bühnendramatik anbieten, sondern ganzheitlich den Wohlfühl- und Partycharakter mitdenken. Zumindest in der provinziellen Kleinstadt kommt das gut an.

Der Autor Béla Rothenbühler versteht etwas von Theater. Er ist dramaturgisches Mitglied verschiedener Theaterprojekte, er weiss, worauf es ankommt: auf Stück, Regie und Schauspiel, aber auch auf Fundraising, Medienarbeit und Catering. Deshalb gibt er in seinem zweiten Dialekt-Roman tiefe Einblicke hinter die Kulissen. Wobei hier gleich anzumerken ist, dass sein Theatermärchen gehörig idealisiert und die Büez hinter der Bühne unverfroren schön schreibt wie die kulturelle Förderpraxis. Ein Märchen halt, aber eines voller Komik, die aus der Gegenüberstellung des grossartigen Projekts mit dem provinziellen Handlungsort resultiert. Und die vertraute Alltagssprache, die Luzerner Mundart, unterstützt diesen Effekt nach Kräften.

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Fokus
Hommage à Annik Mahaim: Une plume féconde et engagée
L'auteure lausannoise est décédée le 17 janvier 2024
Fokus vom 05.02.2024 von Ursula Gaillard

Annik Mahaim avait la joie du mot chevillée au corps. Elle est décédée d’un cancer le 17 janvier 2024, non sans laisser un dernier roman publié en août 2023. Franchir les ravins raconte l’histoire de trois femmes aux prises avec leur destin : Sophia, cardiologue est en proie au désamour, Nisha, d’origine mauricienne, responsable d’une collection prestigieuse dans une maison d’édition qui la licencie pour cause de restructuration, et Juliette, jeune graphiste, atteinte d’un cancer du sein. Le traitement sans complaisance des obstacles auxquels se heurtent ces trois protagonistes contraste avec le lyrisme réservé aux nuages, lumières et reflets toujours changeants du paysage lémanique. Le désir d’enchanter la vie par-delà les horreurs du monde et les vicissitudes de l’existence y est partout sensible. Un scintillement rédempteur sur le lac en cette année 2022 rappelle celui évoqué dans Radieuse matinée, magnifique récit autobiographique publié en 2016.

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Una saggezza con il volto dell'ironia
(Un ricordo di Aurelio Buletti)
Fokus vom 23.01.2024 von Leopoldo Lonati

«…la scampano solo parole / oltre l’Arrivo» [1]

Per chi ha avuto la fortuna di conoscerlo, Aurelio Buletti (Giubiasco, 7 maggio 1946 – Lugano, 16 novembre 2023) è stato figura esemplare per umanità e cultura.
In questi anni lo si poteva incontrare per le strade di Lugano in compagnia della moglie Giovanna, al bar Pedro o più recentemente, quando i suoi tragitti si eran fatti un po’ più brevi, in qualche bar di Cassarate a sorseggiare un caffè.
Uomo di lieve e intelligente (auto)ironia, ci ha regalato una scrittura calma e lieve ma non superficiale: una poesia da camera, aerea come una «farfalla», secondo un’immagine di Clara Caverzasio ripresa da Gilberto Isella in un bel testo apparso nei «Quaderni grigionitaliani» del 2006.
Poesia da camera di un poeta dalle scarpe robuste però, come quelle che calzava anche solo per scendere le scale e accompagnarti al cancello. La leggerezza e la robustezza di chi conosce bene il suo mestiere e oscilla tra il vedersi ora in figura di volatile (beccuzzo qualche immagine / nell’erba della vita e dei poeti [2]) e ora di asino:

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Poesie und Prosa: fliessende Grenzen
Klaus Merz, Zsuzsanna Gahse, Felix Philipp Ingold
Fokus vom 04.12.2023 von Beat Mazenauer

Die Aufgabe bleibt die Aufgabe

Die Leichtigkeit seiner Gedichte ist ein Markenzeichen von Klaus Merz. So licht und einfach sie erscheinen, täuschen sie doch nie darüber hinweg, dass in ihnen die harte Arbeit des Verdichtens steckt. Gleich eingangs im neuen Band Noch Licht im Haus demonstriert es Merz in einem Dreizeiler im Versmass 7-5-5.

Unsere Aufgabe bleibt
die Aufgabe. Ich
arbeite daran.

Was oberflächlich wie ein bestärkender Pleonasmus klingt, eröffnet im Kern zwei Lesarten. In der Aufgabe steckt sowohl der Auftrag wie das Aufgeben, mit je ungleichen Vorzeichen des Aufbruchs oder des Verzichts. So erhalten die drei einfachen Zeilen eine prekäre Note, die allenthalben in diesem Band aufblitzt. Worte sind Dreh- und Angelpunkte, die Ambiguitäten erschliessen und Räume zwischen den Zeilen öffnen. Mit kleinsten Verschiebungen setzt Klaus Merz sein allgegenwärtiges lyrisches Ich in Situationen und Bilder, die so schlicht wie unauflösbar erscheinen. Dabei gilt: «alle Wege führen / im Morgengrauen / zurück zu mir» – zum Kind im Dichter. Sei es, wenn im nächtlichen Donnergrollen die «grossen Kindheitsgewitter» leise nachhallen, seien es die Stromschläge, die Mutter einst verabreicht wurden und die noch immer «gegen die eigene Schläfenwand» branden – mit einem Seitenblick auf Merz' Kernerzählung «Im Schläfengebiet».

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Neuerscheinungen